Deutschland

Urteil im Fall Patrik Baab: Staat darf sich nicht als Wahrheitsverkünder aufspielen

Der Journalist und Lehrbeauftragte Patrik Baab hat gegen die Kieler Universität gewonnen, das Urteil ist nun rechtskräftig. Laut Gericht griff die Hochschule rechtswidrig in die Pressefreiheit ein und schädigte den Ruf ihres Dozenten. Baab hatte für sein bald erscheinendes Buch im Donbass recherchiert.
Urteil im Fall Patrik Baab: Staat darf sich nicht als Wahrheitsverkünder aufspielen© Screenshot: Druschba FM, 27.09.2022

Von Susan Bonath 

Der renommierte frühere NDR-Journalist Patrik Baab hat sich erfolgreich gegen die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) gewehrt. Wegen einer Buch-Recherche im Donbass im vergangenen September hatte die CAU Baabs Lehrauftrag für das Wintersemester fristlos widerrufen. Das Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein bewertete dies im April als rechtswidrig. Das Urteil ist nun rechtskräftig, wie Baab informierte. So habe die Universität die Frist zum Anrufen der nächsthöheren Instanz verstreichen lassen.

"Signal für kritischen Journalismus"

Im Gespräch mit der Autorin sagte Baab, die Universität müsse jetzt ihre Vertragspflichten bezüglich des Lehrauftrags ihm gegenüber erfüllen und müsse bestimmte Falschbehauptungen, die sie in einer Pressemitteilung gegen ihn getätigt hatte, unterlassen. Es gehe dabei aber weder um viel Geld noch einzig um ihn selbst, betonte der Journalist.

Das Urteil, so Baab, sei vor allem ein Signal für die Stärkung von kritischem Journalismus. "In einem ungünstigen gesellschaftlichen Klima in Deutschland hat das Gericht die Pressefreiheit gestärkt", lobte er und fügte an: "Journalisten und Wissenschaftler, die der herrschenden Meinung nicht immer folgen wollen, können sich jetzt darauf berufen."

Uni betrieb Rufschädigung und griff in Pressefreiheit ein

In seinem Urteil rügte das Gericht, die CAU habe die Hintergründe für Baabs Donbass-Reise nicht ausreichend geprüft. Mit ihrer öffentlichen Unterstellung, der Journalist habe sich durch die Kriegspartei Russland als Wahlbeobachter einspannen lassen, habe die Universität Tatsachen ignoriert, seinen Ruf geschädigt und die grundrechtlich verankerte Freiheit von Forschung und Lehre nicht beachtet.

Laut Gericht hat in Deutschland jeder Wissenschaftler und Lehrende das Recht, sich gegen staatliche Eingriffe in den Erkenntnisprozess zu wehren. Der Staat dürfe keine bestimmte Wissenschaftstheorie oder Auffassung von der Wissenschaft favorisieren oder durchsetzen. Die Freiheitsgarantie für Journalisten und Forscher erstrecke sich "auf alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist." Zum Fall Baab führte das Gericht weiter aus:

"Der Aufenthalt und das Erlangen journalistischer Erkenntnisse war Teil der Lehre des Klägers, da er auch über das Recherchieren unter anderem in Kriegsgebieten und zur Gefahr politischer Vereinnahmung unterrichtete. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger mit seinem Verhalten bereits aus dem Schutzbereich herausfällt."

Die CAU habe, so das Verwaltungsgericht, rechtswidrig in die geschützte Wissenschafts- und Pressefreiheit des Klägers eingegriffen. Ihr Widerruf von Baabs Lehrauftrag sei "eine mittelbare, an die Rechercheweise des Klägers anknüpfende Sanktion", die dazu geeignet sei, Journalisten hinsichtlich ihrer Arbeitsweise und Berichterstattung unter Druck zu setzen und zu beeinflussen.

So habe die Universität einseitig ihren eigenen befürchteten "Ansehensverlust" in die Waagschale geworfen, Baabs Grundrechte hingegen missachtet. Begründet habe sie seinen Rauswurf lediglich mit "bebildeterten Online-Artikeln", unter anderem im Portal des Werbekonzerns Ströer namens t-online. Gegen Letzteres hatte Baab bereits eine Unterlassung erwirkt, das Portal musste einige Falschaussagen danach ändern.

"Auf beiden Seiten der Front"

Baab war vergangenes Jahr für eine Buch-Recherche in das Kriegsgebiet im Donbass gereist. Dass dort zu diesem Zeitpunkt die Referenden für den Beitritt zur Russischen Förderation stattfinden sollten, habe er bei der zeitigen Planung dieser gefährlichen Reise nicht wissen können. Vielmehr habe er davon erst erfahren, als er sich bereits in Russland befand. Im Jahr zuvor habe der Journalist zum gleichen Zweck den Westen der Ukraine bereist, um diese Seite des Konfliktes zu beleuchten.

Auf seiner Fahrt in den Donbass wurde Baab von dem russischsprachigen Journalisten und Blogger Sergei Filbert begleitet. Filbert betreibt unter anderem den Youtube-Kanal "DruschbaFM". Dort veröffentlichten er und Baab mehrere Videos von ihrer Donbass-Reise unter dem Titel "Grenzland". Baabs Buch dazu soll am 9. Oktober im Westend-Verlag unter dem Titel "Auf beiden Seiten der Front" erscheinen.

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