Deutschland

Genozid-Prozess: Deutschland erneut auf der falschen Seite der Geschichte?

Den Vorwurf, Israel handele in Gaza in völkermörderischer Absicht, hat Berlin bisher zurückgewiesen. Nachdem der IGH Maßnahmen gegen Israel verhängt hat, steht die Argumentation der Bundesregierung auf tönernen Füßen. Der entstandene Imageschaden für Deutschland ist schon jetzt immens.
Genozid-Prozess: Deutschland erneut auf der falschen Seite der Geschichte?Quelle: www.globallookpress.com © Hasan Mrad

Mit dem Urteil des IGH steht auch Deutschland vor den Scherben seiner verfehlten Israel-Politik. Berlin versteht die Solidarität mit Israel als Staatsräson und bekennt sich zur bedingungslosen Unterstützung. In der Folge wies die Bundesrepublik die Behauptungen, Israel würde in Gaza Völkermord begehen, trotz aller Belege als unbegründet zurück. Die beim Internationalen Gerichtshof (IGH) eingereichte Klage Südafrikas entbehre "jeder Grundlage", hieß es aus Berlin. 

Die einstweilige Anordnung gegen Israel widerlegt nun diese Behauptung der Bundesregierung. Das Gericht verhängte im Eilverfahren Maßnahmen gegen Israel, aus denen hervorgeht, dass das Gericht der Argumentation Südafrikas weitgehend folgt. Sollte das Gericht im Hauptverfahren zu dem Schluss kommen, der Genozid-Vorwurf sei gerechtfertigt, hätte das auch für Deutschland weitreichende Konsequenzen, schreibt der Blog German-Foreign-Policy. Mit der Lieferung von Waffen an Israel sähe sich dann Deutschland dem Vorwurf ausgesetzt, Beihilfe zum Völkermord geleistet zu haben. Es wäre das vierte Mal in etwas mehr als hundert Jahren, dass Deutschland Völkermord aktiv unterstützt oder ihn selbst begeht.

Der Blog weist darauf hin, dass sich der Westen bisher weitgehend sicher sein konnte, dass internationale Justizverfahren in seinem Sinne entschieden wurden und vor allem niemals gegen ihn selbst gerichtet waren. Bisher wurde kein einziger westlicher Politiker vor dem Internationalen Strafgerichtshof verurteilt, der ebenfalls in Den Haag sitzt (Haager Tribunal). Eine Klage gegen den ehemaligen US-Außenminister Donald Rumsfeld wurde zurückgewiesen. Diese deutlich erkennbare und vielfach kritisierte Einseitigkeit zugunsten des Westens scheint sich nun zu ändern. Im Fall einer Verurteilung Israels im Hauptverfahren wäre Deutschland als Unterstützer und Waffenlieferant ebenfalls betroffen.

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat inzwischen anerkannt, dass die Anordnung der Richter völkerrechtlich verbindlich ist, und Israel sich daher an die Auflagen halten müsse. Israel goutierte den Spruch aus Den Haag damit, dass bei weiter ungebrochenen Kampfhandlungen in Gaza erneut hunderte tote Zivilisten zu beklagen waren. Man darf darauf gespannt sein, wie sich die Bundesregierung und vor allem die deutsche Außenministerin hierzu positioniert. 

Doch auch ganz unabhängig von der Rechtssprechung ist der Imageschaden für Deutschland bereits enorm. Darauf macht der Nahost-Experte Michael Lüders in einem aktuellen Beitrag aufmerksam.

Mit der einseitigen Unterstützung Israels und der Leugnung und Relativierung der Kriegsverbrechen Israels sei die Bundesrepublik isoliert. Lüders verweist in diesem Zusammenhang auf die Boykott-Bewegung "Strike Germany". Darin rufen Künstler und Wissenschaftler dazu auf, Deutschland zu boykottieren. Hintergrund ist, dass in der Regel seitens staatlicher Akteure Kritikern der israelischen Politik und Künstlern, die sich mit Palästina solidarisch erklärt haben, Auftrittsmöglichkeiten verwehrt und Ausstellungen abgesagt wurden. Die Initiatoren sprechen von Zensur und Einschränkung der Freiheit der Kunst. In Deutschland herrsche eine Atmosphäre des McCarthyismus. 

Die Verantwortlichen blenden die Kritik bisher weitgehend aus. Gesellschaftlich übt sich Deutschland gerade auf staatlich initiierten Regierungsdemonstrationen im Schulterschluss im "Kampf gegen rechts" – mit dem Ziel, die Opposition zu unterdrücken. Dass Deutschland im Ausland längst wieder als rechtsextremistisch wahrgenommen wird, will man nicht wahrhaben.

Aus dem Ausland betrachtet ergibt sich, dass Berlin Genozid und rechte Regime unterstützt. Die Bundesrepublik lehnt Diplomatie und Verhandlungen ab und setzt auf militärische Gewalt zur Lösung von Konflikten. Die Lehre aus der eigenen Geschichte, nicht wieder auf der Seite von Gewalt zu stehen, sich zu Meinungsfreiheit und Vielfalt nicht nur zu bekennen, sondern sie aktiv Andersdenkenden zuzugestehen, will man in Deutschland nach wie vor nicht ziehen. 

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