Deutschland

Einen Tag zu spät den Briefkasten geleert: Ungeimpfter Gartenbauer klagt erfolglos gegen Kündigung

Einem ungeimpften Berliner Gartenbauer wurde der Zugang zur Arbeitsstelle während der 3G-Regeln nach dem Infektionsschutzgesetz verwehrt. Nach Ablauf der Zeit jener "Anti-Corona-Maßnahmen" schaute er einen Tag zu spät in den Briefkasten und wurde daraufhin im Nachhinein fristlos gekündigt.
Einen Tag zu spät den Briefkasten geleert: Ungeimpfter Gartenbauer klagt erfolglos gegen Kündigung© Felicitas Rabe

Ein ungeimpfter Gartenbaumitarbeiter in Berlin wurde in der Zeit der Anti-Corona-Maßnahmen mit der 3G-Regel fristlos gekündigt, weil er die Post von seiner Arbeitsstelle einen Tag zu spät aus dem Briefkasten holte. Dagegen wehrt sich der Gartenbauer. In erster Instanz wurde die Kündigung auch nicht anerkannt. In der Berufungsverhandlung verlor der Berliner Markus Sierig seine Arbeitsstelle. Nun versucht er, eine bisher nicht zugelassene Revision seines Urteils beim Bundesarbeitsgericht zu erstreiten. Am Montag wandte sich der gekündigte Berliner an den österreichischen Blog für Science und Politik tkp.at mit der Bitte um Bekanntmachung seines Falles. So berichtete denn tkp.at am Mittwoch über seinen "Hilferuf".

Der Gartenbaumitarbeiter Markus Sierig hatte in der Zeit, als in Deutschland nach dem Infektionsschutzgesetz § 28b 3G-Regelungen am Arbeitsplatz galten, zusammen mit einem Kollegen und dessen Frau Urlaub genommen, weil sie alle drei diese Regeln sachlich nicht einsahen. Solche Regeln galten weit verbreitet am Arbeitsplatz vom Herbst 2021 bis zum 19. März 2022. Zwar waren nur jene Unternehmen verpflichtet, nur solche ihrer ungeimpften Mitarbeiter bei täglichem Corona-Test zur Arbeitsstelle zuzulassen, wo physische Kontakte nicht ausgeschlossen werden konnten, aber dennoch gab es diese Auflage schließlich auch in vielen anderen Betrieben. So sollten sich auch der im Freien und alleine arbeitende Gartenbauer Markus Sierig wie auch seine Mitstreiter täglich einem Corona-Test unterziehen.

Solch eine Änderung des Arbeitsvertrages soll in jener Zeit durchaus auch unter Arbeitsrechtlern umstritten gewesen sein. Aber in der Praxis kam es vielerorts zu diesem vom Staat angeordneten Betretungsverbot für ungetestete Ungeimpfte. Dies wollten sich zwei Berliner Gärtnerkollegen und die Ehefrau des Kollegen von Markus Sierig nicht zumuten und nahmen erst einmal Urlaub. Anfang des Jahres 2022 wollten sie wieder zur Arbeit gehen. Dort hielt man sie aber aufgrund fehlender Tests vom Betreten des Unternehmens ab.

Gemäß der Empfehlung ihres Rechtsanwaltes Tobias Gall ließen sie sich am nächsten Tag von ihrer Arbeitsstelle bestätigen, dass sie ihre Arbeitskraft vertragsgemäß angeboten hatten. Im Schreiben ihres Vorgesetzten wurde ihnen zugleich mitgeteilt, dass sie ungeimpft und ungetestet nicht wieder zur Arbeit erscheinen sollten. Da ihnen bekannt war, dass diese Regeln zum 19. März 2022 ausliefen, meldeten sie sich folglich nicht arbeitslos. Stattdessen warteten sie auf das Auslaufen der Regeln, um wieder zur Arbeit gehen zu können. In dieser Zeit bekamen sie jeweils zwei Abmahnungsschreiben mit dem Hinweis auf arbeitsrechtliche Maßnahmen.

Schließlich erhielten sie alle eine dritte Abmahnung, datiert vom 18.03.2022, mit dem Hinweis, wenn sie nicht wieder zur Arbeit erscheinen würden, würden ihnen gekündigt werden. Diese Kündigungsandrohungen landeten aber erst am darauffolgenden Donnerstag, dem 24. März, bzw. am Freitag, dem 25. März 2022 in den Briefkästen der drei ungeimpften Mitarbeiter. Alle drei gingen daraufhin am Montag, dem 28. März 2022, wieder zur Arbeit.

Ein paar Tage später erhielten sie alle eine außerordentliche Kündigung von ihrem Arbeitgeber aufgrund von angeblicher Arbeitsverweigerung. Nach Auffassung des Unternehmens hätten die Mitarbeiter schon am Freitag, also am 25. März zur Arbeit kommen müssen. Die beiden Kollegen von Markus Sierig konnten beweisen, dass der Brief an sie erst am Freitag, jenem 25. März bei ihnen im Briefkasten ankam und sie daher ihrer Arbeit erst frühestens am Montag, dem 28. März, wieder nachgehen konnten.

Markus Sierig kann das nicht beweisen. Ihm sei angeblich der Brief schon am Donnerstag zugestellt worden. Deshalb hätte er schon am Freitag, dem 25. März, wieder zur Arbeit kommen müssen. Da er nicht erschienen war, würde die Kündigung unter Berücksichtigung der vorher zugesandten Abmahnungen nun wirksam sein. Sierig hatte aber erst am Freitag in den Briefkasten geschaut. Der Blog tkp.at zitierte ausführlich aus der Stellungnahme des Arbeitsrechtlers Tobias Gall:

"Nach der Rechtsprechung ist das nur dann ein außerordentlicher Kündigungsgrund, wenn die Arbeitsverweigerung beharrlich erfolgt. Einmal zu verschlafen ist kein Grund für eine fristlose Kündigung. Denn eine Arbeitsverweigerung muss 1. vorsätzlich und 2. nachdrücklich, also immer wieder erfolgen. Dieser eine Tag im Zusammenhang mit den 3G-Verletzung ist überhaupt kein Argument – insbesondere, da Markus Sierig ja anschließend für 14 Tage beschäftigt war."

"Der einzige Unterschied der drei Fälle besteht darin, dass die Aufforderung angeblich am Donnerstag im Briefkasten war und man sich nicht für den Mandanten darauf berufen dürfe, dass er sie am Freitag erst entnommen hat. Das sei – meint das LAG – treuwidrig. Es steht zwar nicht im Urteil, dass ein Arbeitnehmer täglich in den Briefkasten schauen muss, er soll sich aber nicht darauf berufen dürfen, dass das erst am Freitag passiert ist. Wie kann man dann aber von einer beharrlichen Arbeitsverweigerung ausgehen? Monatelang durfte mein Mandant nicht arbeiten, dann soll in einem Tag Abwesenheit eine beharrliche Arbeitsverweigerung liegen?"

"Das Urteil ist in der Zuspitzung unerträglich. Es gab nicht einmal ein vorsätzliches oder böswilliges Fehlen an jenem Freitag. Ein faktisch unkündbarer Mitarbeiter wurde wegen eines Tages Abwesenheit gekündigt, zu dem es nur kam, weil Herr Sierig nicht jeden Tag in den Briefkasten schaute. Ich habe ganz einfach den Eindruck, dass hier ein Arbeitnehmer und letztlich auch ich als Anwalt, die als Maßnahmengegner bekannt sind, abgestraft werden sollten. Dieses Berufungsurteil ist fundamental ungerecht."

Auch wenn seine Chancen vor dem Bundesarbeitsgericht gering seien, Markus Sierig versucht, sein Recht bis zur letzten Instanz durchzufechten. Da diese Klage bisher nicht zugelassen wurde, hat er zunächst Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Seiner Meinung nach habe der Arbeitgeber unzulässig "Polizei" gespielt und ihm am Ende wegen einer angeblichen "Ordnungswidrigkeit" gekündigt. Das lasse er nicht auf sich sitzen.

Der Autorin Andrea Drescher bei tkp.at dränge sich der Eindruck auf, dass man an Markus Sierig ein Exempel statuieren wolle, um Widerständige auch für die Zukunft zu verunsichern. Aus diesem Grunde sei die Revisionsverhandlung von Markus Sierig am Bundesarbeitsgericht so wichtig.

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