Nordamerika

In Amerika wird es noch lustiger als bisher schon – Ramaswamy ist aufgetaucht

Ein junger Politstar ist in den Vorwahlkampf der Republikaner in den USA geplatzt: der 38-jährige Vivek Ramaswamy. Was erklärt seinen rasanten Aufstieg und wie ernst sollte man seine erfrischenden Versprechen nehmen, Frieden mit Moskau auch gegen den Willen der Ukraine zu schließen?
In Amerika wird es noch lustiger als bisher schon  – Ramaswamy ist aufgetauchtQuelle: AFP © Stefani Reynolds / AFP

Von Dmitri Kossyrew, RIA Nowosti

Ich fürchte, dass es zu viele Leute gibt, die im neuen Star der amerikanischen Politik "prorussische" Züge sehen wollen. Ja, die Rede ist von Vivek Ramaswamy. Und ja, er hat versprochen, nach Moskau zu reisen und die Ukraine-Krise zu beenden, und zwar – milde formuliert – nicht zu den Bedingungen Kiews. 

Aber es gab dann doch eine "kleine" Bedingung: Dies werde erst geschehen, nachdem Moskau sein Militärbündnis mit China aufgegeben hätte.

Diese Überlegungen können nur eines bedeuten: Der neue und relativ junge (Ramaswamy ist 38 Jahre alt) Politiker versteht überhaupt nichts von den internationalen Beziehungen. Er denkt, dass jemand in Moskau in die Isolation ohne Freunde und Partner getrieben werden will. Warum sollte danach jemand in ein solches Land kommen und etwas unterschreiben wollen? Es würde dann ein Telefonanruf genügen, um die Bedingungen zu diktieren. Ganz zu schweigen von der fehlenden Vertragsfähigkeit der USA und ihrer Partner in allen Fragen: Sie haben uns lange und oft genug betrogen und wir haben unsere Schlüsse daraus gezogen.

Wer hat ihm diesen in Russland bereits viel gelesenen und diskutierten Artikel über Realismus und die Wiederbelebung der US-Außenpolitik geschrieben? Der Stil kommt mir bekannt vor, es gibt solche Autoren im rechten Spektrum in den USA, zum Beispiel Doug Bandow oder einige andere. Die Ansichten in dem Artikel sind klassisch für Republikaner.

Eigentlich sollte man dieses Meisterwerk in seiner Gesamtheit lesen. Da ist noch die Idee enthalten, Ramaswamy geliebtes Indien mit Atom-U-Booten zu bewaffnen und sie an der Taiwan-Front gegen China einzusetzen. Oder die für Republikaner traditionelle Idee, dass sich die USA nur im äußersten Fall in die Probleme Europas oder des Nahen Ostens einmischen und seine Vasallen dort ihr eigenes Ding machen lassen sollten. Es gibt interessante Überlegungen, den gesamten amerikanischen Kontinent in eine in jeder Hinsicht integrierte US-Einflusszone zu verwandeln.

Summa summarum: Der Unterschied zu Donald Trump und dessen außenpolitischen Ideen besteht bei Ramaswamy nur im Stil: noch schärfer, noch schriller, noch spektakulärer.

Der Stil macht den Mann. Es ist kein Zufall, dass Vivek Ramaswamy buchstäblich im Handumdrehen in die große US-Politik aufgestiegen ist, von null auf den dritten (in einigen Umfragen sogar zweiten) Platz in den parteiinternen Bewertungen, was ihn zu einem guten Kandidaten für die Nominierung zum Vizepräsidenten der Republikaner macht. Er ist ungemein charmant. In dem besagten Artikel stehen Redewendungen drin, wie einst bei John F. Kennedy oder dem jungen Wladimir Schirinowski: "Wenn ich Präsident werde …" oder "nach acht Jahren als Präsident werde ich Ihnen ein Land hinterlassen, das …".

Manchmal empfiehlt es sich, eine Person nach den Aussagen derer zu beurteilen, die sie nicht mögen. Da ist ein Parteikollege, der feststellt, dass Ramaswamy eine Zeit lang von George Soros finanziert wurde. Das war eine unbedeutende Episode, aber sie weckt Misstrauen. Schlimmer noch, unser Kandidat ist in der Pharmabranche tätig. Bekanntlich ist die Ärztelobby das Rückgrat der Demokraten. Ein Apotheker ist für die republikanische Hälfte Amerikas ein schreckliches Stigma und ein ebenso wildes Phänomen wie Robert Kennedy, der seinen Ruf auf der Aufdeckung von Verbrechen der Medizinlobby gründet, für die Demokraten.

Alles in allem kommen seltsame, aber lustige Zeiten auf die USA zu. Ramaswamys öffentliche Erscheinung ähnelt der des Franzosen Macron, eines politischen Konstrukts des "tiefen Staates".

Noch interessanter ist eine Erklärung des Phänomens, die in der den Demokraten nahestehenden New York Times gegeben wurde. Die Publizistin, die dort viel Gift über Ramaswamy versprühte, bringt dennoch mindestens zwei gute Hypothesen. Die erste betrifft das Alter: Der Konservatismus ist im Allgemeinen eine Bewegung der Jungen, was man von den meisten seiner Ideologen nicht behaupten kann. Da sticht Vivek eben heraus.

Das zweite Argument ist, dass es sich bei Ramaswamy seltsamerweise um einen Mann aus reichem Hause handelt, der in Harvard und Yale studiert hat. Und doch hat er seine politische Karriere auf einer heftigen Kritik der Ideologie aufgebaut, der diese Schicht, die städtische Jugend, überwiegend anhängt. Diese Ideologie wird in unserem Land als "liberal" bezeichnet, in den USA lautet die Bezeichnung – "aufgeweckt", "woke". Dahinter verbirgt sich ein ganzer Strauß an Bosheiten – das Klima, der "COVIDismus" (es gibt diesen Begriff tatsächlich) und die "Gender-Ideologie". Und Vivek greift sie alle mit rhetorischer Bravour an. Zum Beispiel sagt er, dass der besagte Teil seiner Generation aus "leeren Seelen" besteht, "die ein leeres Leben führen".

"Die Konservativen freuen sich über einen Überläufer aus dem Lager ihrer Gegner",

bemerkt die Kolumnistin der NYT und hat mit dieser Erklärung des rasanten Aufstiegs des Außenseiters offenbar recht.

Donald Trump gewann und gewinnt durch seine Normalität, durch seinen Mut, die für Demokraten offensichtlichen, aber verbotenen Wahrheiten auszusprechen. Vivek Ramaswamy gewinnt seine Anhänger durch seine Exotik, indem er Dinge sagt, die niemand von diesem Mann erwartet hätte. Mit ein wenig außenpolitischem Nachhilfeunterricht könnte aus ihm noch etwas werden.

Übersetzung aus dem Russischen. Der Artikel ist am 3. September 2023 auf ria.ru erschienen. 

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