Weißrussland meldet polnischen Chemieangriff an der Grenze – 132 Flüchtlinge verletzt
Insgesamt 132 Flüchtlinge, darunter 20 Kinder, sind an der weißrussisch-polnischen Grenze verletzt worden. Dies erklärte der Leiter des weißrussischen Ermittlungskomitees Dmitri Gora:
"Es handelt sich um Verätzungen und Körperverletzungen, und bei einem der Opfer besteht der Verdacht auf eine Rippenfraktur. Die Hauptmasse sind Atemwegsschäden, die durch hochgiftige Stoffe verursacht wurden."
Zuvor hatten Vertreter des weißrussischen Ermittlungskomitees erklärt, dass die Flüchtlinge unter Einsatz von Wasserwerfern, Tränengas, Betäubungsgranaten und chemischen Substanzen zu leiden hatten. Die Migranten klagten über brennende Augen, Schmerzen in der Brust, Übelkeit und Schwindelgefühl. Das weißrussische Grenzkomitee stellte ein Video zur Verfügung, das zeigt, wie die polnische Armee Tränengas und Sprengbomben gegen Migranten einsetzt.
Nach Angaben von Gora beschlagnahmten die Ermittler Granaten und Behälter mit Blendgranaten, Spülungen, Bodenproben und Pflanzenwaschmittel, eine forensische Untersuchung der rechtswidrigen Handlungen ist im Gange.
Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko sagte in einem Interview mit dem BBC-Journalisten Steve Rosenberg, dass polnische Hubschrauber Chemikalien durch von ihnen verursachte Luftwellen an die Menschen verteilt hatten. Diese Angaben ließen sich allerdings nicht unabhängig überprüfen.
Der RT-Journalist Konstantin Pridybailo veröffentlichte seinerseits Filmmaterial über den Einsatz von Betäubungsgranaten gegen Flüchtlinge durch Polen.
Die UN-Vertreterin für Migrationsfragen erklärte Pridybailo, dass alle Länder das internationale Recht in Bezug auf Migranten und Flüchtlinge beachten und respektieren müssen. Auf seine Frage, ob Polen durch den Einsatz besonderer Mittel gegen Flüchtlinge auf weißrussischem Gebiet gegen europäisches Recht verstoßen habe, antwortete sie nicht.
Die Flüchtlingskrise an der Grenze hatte im November begonnen. Migranten kamen zum Grenzübergang Brusgi-Kuźnica nahe der weißrussisch-polnischen Grenze und errichteten dort ein spontanes Lager. Etwa 2.000 Menschen leben in diesem Lager: einige in unbeheizten Zelten, andere in einem von den weißrussischen Behörden zur Verfügung gestellten Logistikkomplex. Dies erklärte Natalja Eismont, die Pressesprecherin des weißrussischen Präsidenten, am 18. November.
Polen behauptete, dass Flüchtlinge immer wieder versucht hatten, auf die polnische Seite durchzubrechen und die Ordnungskräfte mit Steinen und Stöcken beworfen haben. Der Oberkommandierende der polnischen Polizei, Jarosław Szymczyk, sagte, die Migranten hätten auch Blendgranaten und Tränengasgranaten eingesetzt. Er behauptete, dass weißrussische Sondereinheiten Flüchtlinge auf die Zusammenstöße mit der Polizei vorbereiteten, und erklärte, dass zwölf Ordnungskräfte verletzt worden seien. Polen untersuchte auch den Versuch, die Grenze zu stürmen.
Die Europäische Kommission hat nicht die Absicht, mit Lukaschenko über das Schicksal der Migranten zu verhandeln. Dies erklärte der Sprecher der Europäischen Kommission Peter Stano:
"Lukaschenko hat diese Krise verursacht, er hat diese Menschen nach Weißrussland gebracht, indem er ihnen vorlog, dass sie leicht in die EU kommen könnten, und nun sind sie in Weißrussland. Verhandlungen mit dem Lukaschenko-Regime kommen also nicht in Frage."
Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko sagte hingegen im BBC-Interview, die EU sei schuld an der Migrationskrise. Ihm zufolge stoppte die EU vor dem Hintergrund der Sanktionen die Umsetzung der Vereinbarungen über den Bau von Flüchtlingspunkten an der Grenze zu Weißrussland. Lukaschenko teilte mit:
"Wir haben ein Rückübernahmeabkommen mit Ihnen unterzeichnet. Das heißt, wenn Sie Flüchtlinge hätten, die durch Weißrussland reisen, würden Sie sie an uns zurückgeben. Aber Sie mussten mit uns bauen oder den Bau von Flüchtlingsunterkünften finanzieren. Die Arbeit begann. Ende letzten Jahres, Anfang dieses Jahres haben Sie Sanktionen gegen Weißrussland verhängt und sind vom Rückübernahmeabkommen abgerückt."
Lukaschenko betonte, dass dies der einzige Grund für den Ausbruch der Migrationskrise ist. Der weißrussische Präsident fragte sich, warum sein Land Flüchtlinge an der Grenze zurückhalten und Lager für sie errichten sollte, wenn sie in das Vereinigte Königreich, nach Deutschland und in andere europäische Länder gehen wollen.
Lukaschenko erklärte, er habe mit Merkel über die Migrationskrise gesprochen und eine Lösung vorgeschlagen. Ihm zufolge sollte Deutschland etwa 2.000 Migranten zurücknehmen, vor allem Kinder und Frauen, während Weißrussland mehr als 5.000 Migranten in ihre Heimatländer, den Irak, Afghanistan und andere Länder des Nahen Ostens, zurückschicken sollte.
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